Wir haben sie alle zu Hause: Besitztümer, für die wir selbst keine Verwendung mehr haben, die wir aber auch nicht einfach wegwerfen wollen. Weil sie noch ihre Funktion erfüllen, gut aussehen und einen Wert besitzen. Das können Textilien oder Dekoartikel sein, Gebrauchsgegenstände oder Elektrogeräte, Bücher oder Kinderspielzeuge. Diese Dinge, die oft in großen Mengen in unseren Kellern oder auf unseren Dachböden versauern und Staub ansetzen, können andere Menschen noch gut gebrauchen. Dieser Gedanke kam auch den Ehrenamtlichen der Bürgerinitiative „Deichstadt Neuwied hilft“. Im Obergeschoss des Innenstadtlabors, Langendorfer Straße 120, haben sie deshalb einen Tauschladen eröffnet. Hier suchen aussortierte aber noch hochwertige Gegenstände aller Art einen neuen Besitzer. Passend zum Schulstart gibt es aktuell eine große Auswahl an Ranzen, Büchern und anderem Schulbedarf zu entdecken.
Wie funktioniert der Tauschladen?
Das wichtigste zuerst: Wie genau funktioniert das mit dem Tauschladen eigentlich? Anders als der Name vermuten lässt, muss man nichts zum „Tauschen“ mitbringen, um einen Gegenstand aus dem Sortiment mitnehmen zu dürfen. „Es muss nicht eins zu eins getauscht werden“, stellt Tina Monzen von der Bürgerinitiative klar. Im Gegenteil: Der Tauschladen im Innenstadtlabor nimmt überhaupt keine Sachspenden an. Trotzdem funktioniert das Laden-Konzept natürlich nur dann, wenn auch genügend Spenden reinkommen, um das Sortiment zu bestücken. Aus diesem Grund nimmt die Bürgerinitiative in ihrer Tauschgarage, Reckstraße 43, dienstags bis donnerstags von 15 bis 17 Uhr und samstags von 12 bis 14 sowie von 15 bis 17 Uhr Hausrat, Kleidung, Bücher und Co. entgegen. Eine Auswahl dieser Gegenstände kommt dann im Innenstadtlabor ins Tauschregal. Das sind aktuell noch Schulsachen, das angebotene Sortiment wird sich aber regelmäßig ändern. Kundinnen und Kunden dürfen sich also jetzt schon mal auf so manche Kuriositäten und „Altertümchen“ freuen.
Engagierte Teammitglieder gesucht
Da der Tauschladen komplett von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern organisiert und betrieben wird, kann nicht garantiert werden, dass während der Innenstadtlabor-Öffnungszeiten immer jemand aus dem Team da ist, um den Laden zu betreuen. Aus diesem Grund ist die Bürgerinitiative auch ständig auf der Suche nach neuen Team-Mitgliedern. Dabei besonders wichtig: Beim Tauschladen geht es nicht nur darum, anderen Menschen etwas Gutes zu tun und durch das Recycling von noch brauchbaren Gegenständen einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz zu leisten, sondern auch um Begegnungen und ums „Miteinander-ins-Gespräch-Kommen“.
„Der zwischenmenschliche Aspekt ist in unserer Gruppe sehr wichtig. Von 10 Menschen, die zu uns kommen, kommen 9 wieder“, freut sich Marion Pörsch. Das klappt so gut, dass in der Vergangenheit schon häufiger frühere Kunden zu Mitarbeitern geworden sind – gerade auch Menschen aus der Ukraine, für die in der Anfangszeit nach Kriegsausbruch verstärkt gesammelt wurde. So war es auch bei Alona Tymchenko, die bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Team auch gleich ihre Deutschkenntnisse aufbessern kann.
Vom Tauschregal zum Tauschladen im Innenstadtlabor
Genau wie die angebotenen Artikel ist die Idee des Tauschladens nicht neu: Schon 2020 stellte die Bürgerinitiative ihr erstes Tauschregal auf dem Gelände der Heilig-Kreuz-Kirche auf, schnell kamen ein zweites Regal sowie zwei verschließbare Plastikschränke hinzu. Die Ahrtalflut führte im Sommer 2021 zu einer Intensivierung der Bemühungen: In einer Garage der Kirchengemeinde wurden Sachspenden für die Betroffenen der Flutkatastrophe gesammelt. Mit dem erhöhten Arbeitsaufwand wuchs auch das Helferteam. Weil die Spendenbereitschaft seitdem anhaltend hoch geblieben ist und sich viele große und kleine Gegenstände angesammelt haben, wurde aus dem Tauschregal Ende 2021 endgültig eine Tauschgarage.
Der Tauschladen im Innenstadtlabor ist somit nur der nächste logische Schritt, denn die inzwischen 18 Teammitglieder sind sich einig: „Wir wollen ein festes Ladengeschäft in Innenstadtnähe eröffnen.“ Das Innenstadtlabor bietet hier die perfekte Testumgebung, um zu erproben, wie das Second-Hand-Angebot angenommen wird. Neuwieds Citymanagerin Michaela Ullrich war von dem Konzept, das auch in anderen Städten erfolgreich betrieben wird, direkt überzeugt und hat dafür gerne eine Fläche im Innenstadtlabor zur Verfügung gestellt. „Der Pop-up-Store wird durch den Tauschladen aber nicht ersetzt“, stellt Ullrich klar. Im Erdgeschoss der ehemaligen Bäckerei Geisen können angehende Ladenbetreiber auch weiterhin ihr Geschäftskonzept kostenfrei erproben. Neuwieds Citymanagerin kann sich für die Zukunft aber auch eine Integration des Tauschregals in ein Ladengeschäft in Form eines Concept-Stores vorstellen. „Den Möglichkeiten für neue und innovative Ideen sind hier keine Grenzen gesetzt“, ist sich Ullrich sicher.
Raum für Deine Idee
Für die nächsten Monate ist der Pop-up-Store bereits fest vergeben, ab Februar gibt es für angehende Ladenbetreiberinnen und -betreiber aber wieder die Gelegenheit, im Innenstadtlabor probeweise ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Interessierte erhalten unter www.neuwied.de/innenstadtlabor alle Informationen rund um den Bewerbungsprozess und können hier den Bewerbungsbogen herunterladen. Das Innenstadtlabor wird auch regelmäßig für Workshops, Vorträge und andere Veranstaltungen genutzt. Wer hier spannende Konzeptideen hat, kann sich per E-Mail an innenstadtlabor@neuwied.de mit Citymanagerin Michaela Ullrich in Verbindung setzen.
Das Neuwieder Innenstadtlabor wird im Rahmen der „REstart“-Kampagne aus Bundesmitteln des Förderprogramms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren finanziert.