Anhand historischer Unterlagen und mit Hilfe des Computers hat Jürgen Moritz, Beigeordneter der Stadt a.D., Güterwagentypen der Bahn ins Modell umgesetzt: den gedeckten Güterwagen No. 8, den Wagen No. 9 mit "Drehthüren" einschließlich einer zeitgenössischen Versandkiste der "Fabrik von Beinwaaren & Zahnbürsten Karl Wagner in Niederbiber" und den offenen Wagen No. 17. Ergänzt wird das Güterwagentrio um einen Vereinigten Post & Gepäckanhängewagen, so die Bezeichnung des Waggons in den Lieferunterlagen, die der Kaiserlichen Oberpostdirektion Coblenz im Jahre 1901 zugeleitet wurden. Mit diesem Beiwagen und einem weiteren Waggon wurde Anfang des vorigen Jahrhunderts die Post von Neuwied, beziehungsweise von Heddesdorf nach Nieder- und Oberbieber befördert. Schreibtisch, Hocker, und "Tintenzeug" gehörten ebenfalls zum Lieferumfang des Wagens, dessen hölzerne Seitenwände Briefeinwurf-Schlitze aufwiesen.
In den "Erinnerungen eines Landbriefträgers" findet sich ein kurzer Abschnitt Neuwieder Postgeschichte wieder, in der die Zustellung nach Oberbieber beschrieben wird: "...Um 7.30 Uhr kam die erste Bahnpost an. Bahnpost, das war ein grün gestrichener Anhänger der zwischen Neuwied und Oberbieber verkehrenden Straßenbahn. Der Bahnpostwagen war mit einem Oberschaffner besetzt. Sogar einen Streckenstempel Neuwied-Oberbieber führte die Bahnpost. Sie kam ein zweites Mal um 11.30 Uhr und noch ein drittes Mal um 18.30 Uhr. Nach einer Überlagerung war die Rückfahrt nach Neuwied durchweg eine Stunde später...".
Die Einnahmen aus der Postbeförderung hielten sich in Grenzen. Sie bewegten sich laut Betriebsabrechnungen aus den Jahren 1904 bis 1908 zwischen 1400 und 1900 Mark im Jahr. Während die Postzustellung nach Oberbieber mit besonderem Waggon schon nach wenigen Jahren zum Erliegen kam, gehörte zumindest einer der Wagen noch lange Zeit zum Bestand der Kreisbahn, denn auf einem Foto aus den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist er noch abgebildet.
Das historische Foto entstand zwischen 1900 und 1909 und zeigt den Postwaggon in der Heddesdorfer Straße. Rechts am Bildrand entstand später das Scala-Kino. Auch die Bahnunterführung fehlt noch. Das Foto stammt aus der Sammlung Kupfer/Kreismedienzentrum Neuwied.
Quellen:
Köhler, Günter H., Post und Tram, Bühl 1998
Kupfer, Friedel-Wulf, 100 Jahre Öffentlicher Personennahverkehr in Neuwied, Neuwied 2001
Stadtarchiv Neuwied