Für Werner, dessen Lebenswerk der Philosoph Peter Sloterdijk in einer Laudatio einmal die „Verkörperung einer Vision“ nannte, macht es keinen Unterschied: In einem Gemeinwesen oder in einer Arbeitsgemeinschaft – Entwicklung ist unverzichtbar. Und Entwicklung braucht Freiraum. „Die Welt wird nicht verändert durch Menschen, die wissen, was dagegen spricht, sondern durch die, die die Fantasie haben, was dafür spricht“, formulierte es „Visionär“ Götz Werner.
In einem Gemeinwesen, so seine Überzeugung, gibt ein Grundeinkommen, das „von der Wiege bis zur Bahre ein bescheidenes, aber menschenwürdiges Auskommen sichert“, jenen Freiraum für besagte Entwicklung. Es setzt Kräfte und Kreativität frei, damit wir uns als „Lebensunternehmer“ persönlich verwirklichen und darüber hinaus die Gesellschaft bereichern können. So ist auch ehrenamtliche Arbeit nur möglich, wenn man sich diese Arbeit leisten kann. Werner scheint sich bewusst: Vor Einführung eines Grundeinkommens müssen noch sehr viele Menschen die „Fantasie haben, was dafür spricht“. Er weiß aber auch, und das lehrt die Geschichte: Realisierung von Visionen braucht oftmals viel Zeit.
In seiner Arbeitsgemeinschaft konnte der überaus erfolgreiche Unternehmer Götz Werner schon manche „Vision“ realisieren. Etwa eine besondere Form der Unternehmenskultur, für deren Charakterisierung er gerne Freiherr vom Stein zitiert: „Zutrauen veredelt den Menschen, ewige Vormundschaft hemmt sein Reifen“. Oder anders ausgedrückt: Entwicklung braucht Freiraum. Womit man wieder den Bogen spannen könnte in die Gründerzeit der Stadt Neuwied, als es die Freiheitsrechte waren, die das Wachsen und Aufblühen der jungen Stadt ermöglichten.
Nach etwa zwei Stunden, einem außergewöhnlichen Vortrag und manchen persönlichen Kontakten mit den Menschen, die gekommen waren, verließ Götz Werner wieder die Neuwieder Marktkirche: ein beeindruckender Auftritt einer bemerkenswerten Persönlichkeit. Daran konnten, so hoffen die Veranstalter jedenfalls, auch einige Probleme mit der Akustik nichts ändern.