Früher wichtige "Eisenbahnhochburg"

Einst war sie eine regionale Eisenbahnhochburg, die kleine Stadt Engers, heute ein besonders lebendiger Stadtteil von Neuwied. Personenbahnhof, Güterbahnhof, Eisenbahnbetriebswerk, Güterabfertigung, Betriebswagenwerk, Stellwerke - eine Vielzahl eisenbahntechnischer Einrichtungen war hier über Jahrzehnte hinweg angesiedelt. Mächtige Dampflokomotiven bunkerten im Betriebswerk frische Kohlen oder füllten die Wasservorräte auf. Güterwagen wurden an den umfangreichen Verladeanlagen mit den Erzeugnissen der heimischen Industrie, mit Bims- und Gießereiprodukten, beladen.Am Ablaufberg herrschte emsiger Betrieb, denn dort wurden lange Güterzüge rangiert und neu zusammengestellt. Eil- und Personenzüge hielten im Bahnhof, dessen Aufkommen an Reisenden über eine lange Zeit beträchtlich war. Allein im Jahr 1912 wurden in Engers mehr als 150.000 Fahrkarten verkauft. Die Reisenden stiegen hier um von den Zügen der rechtsrheinischen Eisenbahn auf die der Westerwaldbahn, die Ihre Fahrt zeitweise in Engers begannen oder beendeten. Mit dem dampflokbespannten "Omnibuszug" 2. Bis 4. Klasse konnte man im 19. Jahrhundert gemächlich in den Westerwald fahren, mit dem ebenfalls schon historischen "Schienenbus" bis Mitte des Jahres 1989. Und immer dann. Wenn in den Fünfzigern der Eilzug E433 in den Engerser Bahnhof einfuhr, kam dort internationales Flair auf. Denn nur dieser Zug, der als Ziel die Stadt Siegen hatte, führte einen vierachsigen Wagen der französischen Staatseisenbahn, der Société National des Chemin de fer Francais in die "Brex", und Kenner wurden an Paris, den Gare du nord, Montmartre und die Champs Elysées erinnert.
Leider sind dies alles nostalgische Erinnerungen. Nur noch das mittlerweile privat genutzte Empfangsgebäude und die Reste des früher prachtvollen fünfzehnständigen Ringlokschuppens erinnern an diese ruhmreiche Zeit - und glücklicherweise einige wenige Fotos aus der Vergangenheit ...

Engers und die Eisenbahn im Bild

Bedienstete der Rheinischen Eisenbahngesellschaft um 1880 vor dem Engerser Bahnhofsgebäude. Fotofreunde erkennen an der Aufnahme die Handschrift des bekannten Neuwieder Lichtbildners Carl Spielmann.

Die Mannschaft des Betriebswerkes Engers im Jahre 1914 vor einer schweren Tenderlokomotive der Baureihe T14 der Königlich Preußischen Eisenbahngesellschaft. Maschinen dieser Baureihe sollten erst über drei Jahrzehnte später in Engers wieder stationiert sein.

931121 im Bw Engers um 1930. Lokomotiven der Reichsbahnbaureihe 93 waren bis zur Auflassung des Betriebswerkes im Jahre 1957 in Engers stationiert. Einige von ihnen, so auch die oben abgebildete Maschine, wurden in den zwanziger Jahren fabrikneu nach Engers geliefert.

Die Seltenheit des Fotos mag die Qualität etwas entschuldigen. Eine "Achtunddreißiger", eine der meistgebauten Lokomotiven Europas, ist in den dreißiger Jahren mit einem Personenzug aus sogenannten "Donnerbüchsen" in Engers eingelaufen.

Melancholie stellt sich beim Betrachten dieses fast 50 Jahre alten Fotos ein. Ein langer Abteilwagenzug ist in den "Wirtschaftswunderjahren" am Bahnsteig 2 in Engers angekommen und wird gleich in Richtung Ehrenbreitstein weiterfahren.

Lokomotive 91 1297 des Bw Engers fasst soeben Wasser, umdanach vielleicht eine Übergabe in Sayn abzuholen oder amEngerser Ablaufberg Dienst zu tun.

Foto: ED Mainz, Sammlung Jürgen Moritz

Lok 91 1204 über der Schlackegrube des Bw Engers. Gleich wird
sie auf die Drehscheibe fahren, um anschließend im Lokschuppen
zu verschnaufen.

Foto: ED Mainz, Sammlung Jürgen Moritz

Nur noch bis zum Fahrplanwechsel im Mai 1989 wird der Schienenbus in den Westerwald fahren. Dreiteiliger VT 98 im November 1988 auf der Fahrt von Neuwied über Engers nach Siershahn.

Dampfloknostalgie im Bahnhof Engers im Jahre 1996. Erinnerung an den "Drei-Städte-Wandertag" (1984 bis 1996), heute schon Stadtgeschichte. So ähnlich muss er übrigens ausgesehen haben, der E433, denn seine Zuglokomotive war ebenfalls eine "Fuffziger".

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