Geschichte der jüdischen Gemeinde Neuwied
Das Judentum besitzt eine lange Geschichte in Neuwied, bestand eine jüdische Gemeinde hier doch bis Anfang der 1940er-Jahre. Deren Anfänge geht zurück bis in die Gründungszeit Neuwieds Mitte des 17. Jahrhunderts. Durch die Verkündigung der Freiheitsrechte 1762, die die Religionsfreiheit ausdrücklich einschloss, konnten jüdische Familien relativ großzügig in die neue Residenzstadt an Rhein und Wied ziehen. 1699 lebten bereits zehn jüdische Familien in der Stadt, Tendenz steigend. Neben Juden, die aus den Dörfern der Umgebung zugezogen waren, kamen auch einige Familien aus Osteuropa nach Neuwied. Außer Juden zog es auch andernorts verfolgte christliche Gruppen wie Hugenotten, Mennoniten oder Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine in die aufstrebende Stadt.
Schon bald errichtete die Gemeinde ihre erste Synagoge. Rabbiner war seinerzeit der aus Ungarn stammende Lazarus Salomon. Die Zahl der jüdischen Einwohner stieg rasch, sie lag Mitte des 19. Jahrhunderts bei rund 400. Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in einigen umliegenden Orten lebenden jüdischen Einwohner. 1864 umfasste der Neuwieder Synagogenbezirk neben Neuwied und Heddesdorf auch Irlich, 1894 kamen Fahr, Hüllenberg, Rodenbach und Rockenfeld hinzu. 1924 waren knapp zwei Prozent der damals rund 19.000 Einwohner zählenden Stadt jüdischen Glaubens.
Neben der Synagoge gehörten eine jüdische Volksschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof zur Gemeinde. Zur Erledigung religiöser Aufgaben waren mehrere Personen angestellt, neben dem Rabbiner, ein Kantor, ein Prediger, ein Lehrer und ein Synagogendiener.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933, dem in der Folge einsetzenden wirtschaftlichen Boykott jüdischer Händler und Handwerker sowie der zunehmenden Entrechtung und Unterdrückung, zogen viele Mitglieder der Gemeinde, die zu Beginn des Jahrzehnts rund 300 Köpfe zählte, fort oder wanderten aus. Beim Novemberpogrom 1938 kam es auch in Neuwied zu schweren Ausschreitungen gegen jüdische Mitbürger und deren Einrichtungen. Der Metzgermeister Ferdinand Levy wurde vor seinem Geschäft so schwer misshandelt, dass er zwei Tage später seinen Verletzungen erlag; die Inneneinrichtung der Synagoge wurde zerstört. Viele andere jüdische Männer wurden in das KZ Dachau verschleppt und monatelang festgehalten. 1939 zählte die jüdische Einwohnerschaft nur noch etwa 100 Personen, 1942 wurden die letzten verblieben jüdischen Bürger deportiert. Einige wenige überlebten die NS-Zeit in Verstecken.
Einzelne Überlebende kehrten nach 1945 in die Stadt zurück, zu wenige jedoch, um wieder dauerhaft eine Gemeinde zu gründen. Neuwied hält die Erinnerung aber wach. An der Stelle, an der sich einst Synagoge und Schule befanden, steht heute ein Mahnmal mit Gedenktafel – und zwar in der Synagogengasse. Der Stadtrat hatte im Juni 1983 beschlossen, dem Teil der Engerser Straße zwischen Schlossstraße und Theaterplatz diesen Namen zu geben. Zudem weisen zur steten Mahnung auch an die jüngeren Generationen rund 250 „Stolpersteine“ überall im Stadtgebiet auf ermordete jüdische Mitbürger hin. Der Deutsch-Israelische Freundeskreis Neuwied kümmert sich intensiv um das Erbe der jüdischen Geschichte Neuwieds. Ausführliche Infos gibt es unter www.dif-neuwied.de.
Quelle für den Text: www.alemannia-judaica.de/neuwied_synagoge.html